Die Menschheit ist buchstäblich
eine einzige Familie
Es gibt keinen Unterschied zwischen den Menschen. Sie sind eine einzige Spezies – und im Grunde alle gleich. Die verschiedenen Hautfarben ändern nichts daran. Sie beruhen auf kleinen genetischen Veränderungen, die sich im Laufe der Jahrtausende ergaben, als die Menschen über den ganzen Planeten wanderten und unter verschiedenen Bedingungen lebten. Natürlich haben sie dort, wo sie sich niederließen, jeweils ihre besonderen philosophischen Vorstellungen und kulturellen Eigenheiten entwickelt. Aber die auftretenden Veränderungen und Unterschiede sind völlig zufällig und nebensächlich.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Menschheit als Spezies (und in ihrer Gesamtheit) sich immer in einem globalen Prozess der Diaspora befunden hat und befindet. Die ganze Menschheit wandert ständig über die ganze Erde. Es ist eine bezeichnende historische Tatsache, dass die Menschheit (und sogar das Leben selbst als ein einziges Ganzes) sich ständig ausbreitet (oder versprengt). Aber in ihrer Zersplitterung (in alle möglichen getrennten Gruppen und Individuen) tut die Menschheit jetzt so, als wäre sie nicht eine Einheit, sondern eine Vielheit, und als machte die Differenzierung in verschiedene Stämme, Nationen, Religionen, Kulturen, Rassen, Sprachen und so weiter einen grundlegenden Unterschied, sodass die Menschheit keine unteilbare Art mehr wäre, sondern sich als viele getrennte, miteinander konkurrierende Arten neu definieren müsste.
Diese ganze augenscheinliche Vielfalt der Menschheit ist ein völlig oberflächliches Phänomen im Rahmen einer einzigen (von-Natur-aus unteilbaren) Spezies, die laut wissenschaftlicher (und auch genetischer) Analyse nach und nach aus Afrika abwanderte und sich über die ganze Erde verbreitete. Die unteilbare Gesamtheit ist daher jetzt verstreut. Relativ kleine Gruppen haben sich in der Vergangenheit an irgendeinem Ort (und dann auch in einer bestimmten Kultur) angesiedelt und daraufhin ihre besonderen Sprachen, politischen Systeme und religiösen Traditionen und so weiter entwickelt. Die räumliche Differenzierung (oder Zersplitterung in einzelne »Stämme«) ist endlos, und die Menschen nehmen diese augenscheinlichen Unterschiede zwischen sich allzu ernst. In Wirklichkeit sind diese Unterschiede jedoch nur ganz oberflächliche (lokale und folglich »tribalistische« oder lediglich provinzielle) Eigenschaften – normale Varianten des Menschseins, die nur durch einen verschiedenen »Standpunkt« in Raum und Zeit charakterisiert sind.
Die negative (und auf Rivalität beruhende) Hervorhebung des »Verschiedenseins« im Rahmen der generellen menschlichen Diaspora ist ein grundlegendes Problem – und muss jetzt enden. Die Menschheit muss von der immer-schon-bestehenden Einheit (oder von-Natur-aus existierenden Unteilbarkeit) ausgehen – und nicht von der Vorherrschaft einer Nation (oder eines »Typs«) über alle anderen. Sie darf nicht der Tendenz einer Anzahl von Nationen (oder »Gleichartigen«) folgen, sich auf strategische Auseinandersetzungen miteinander einzulassen mit dem Ziel, in einer »letzten Schlacht« zu entscheiden, wer über alle anderen herrschen wird.
Es ist, als würden die Menschen plötzlich ihre eigenen Brüder und Schwestern nicht mehr erkennen. Natürlich kann der eine anders aussehen als der andere und ein anderes kulturelles und intellektuelles Erbe und dergleichen besitzen. Die Menschen können daher alle verschieden aussehen und denken, aber sie sind und tun dasselbe. Jeder muss lernen, dies zu sehen.
Die Menschen sind alle Primaten – nicht gerade Affen, aber doch etwas in der Art. Was denkt ihr, über wie viel Wissen ein Primat von-Natur-aus verfügt ? Sollte man von einem Primaten, der unter mehr oder weniger zufälligen Bedingungen aufgewachsen ist, erwarten, dass er ein fundiertes Wissen besitzt ?
Warum haltet ihr Menschen immer noch an den Unterschieden fest, die ihr aufgrund eurer lokalen historischen Prägungen und eurer provinziellen, institutionell getrennten Gruppierungen macht ? Warum begreift ihr nicht, dass ihr es jetzt mit der unteilbaren globalen Einzigkeit einer bestimmten Spezies zu tun habt ? Jeder Mensch ist als solcher immer schon grundlegend mit jedem anderen Menschen artgleich und identisch und könnte sich daher auch in einer sehr produktiven und positiven Weise mit der ganzen Menschheit verbinden. Was dazu erforderlich ist, ist die Errichtung einer globalen kooperativen Ordnung, an der alle Menschen sich beteiligen – eine kulturelle, soziale und politische Globalisierung der Menschheit (und nicht eine bloß ökonomische Globalisierung des Handels in einer Welt, die durch Konkurrenzkampf und Unterscheidung charakterisiert ist).
Die ganze in einer Diaspora lebende Menschheit braucht eine kulturelle Neu-Orientierung, die von einer weltweiten »Heimat aller Menschen« ausgeht. Die ganze Menschheit muss erwachsen werden und sich als eine unteilbare Gesamtheit verstehen, die jetzt über den ganzen Erdball verstreut ist, und zwar nicht aufgrund vorübergehender politischer Einflüsse, sondern weil sie in zahllosen Jahrtausenden über den ganzen Planeten gewandert ist und dabei in getrennten geografischen Umständen verschiedene Denk- und Lebensweisen angenommen hat.
Die Menschheit ist jetzt gefordert, sich grundlegende Gedanken über das Leben und die Beziehungen der Menschen untereinander – und über die Wirklichkeit an sich – zu machen. Je nachdem, zu welchen Ergebnissen die Menschheit kommt, wird sie entweder einen alle Menschen erfassenden Krieg und Untergang heraufbeschwören oder sich in einer globalen kooperativen Ordnung zusammentun, die von der Arbeitshypothese der universellen, immer-schon-bestehenden Einheit und einer universellen Welt-»Heimat« ausgeht, die allen Menschen (und allen Erdbewohnern insgesamt) gehört.
Alle haben gelitten. Alle sind voll von unsinnigen Vorstellungen. Deshalb muss es eine neue allumfassende Politik geben, die sich aller Werturteile enthält. Diese Politik muss alle dazu bringen, sich miteinander zu versöhnen, zu kooperieren, einander zu tolerieren und zu respektieren und einander zu vertrauen.
Die Menschheit ist von-Natur-aus eine genetische Einheit. Diese Einheit ist wissenschaftlich bewiesen. Aber die »Verschiedenheitsapologeten« reden und handeln, als gäbe es höhere und niedere Menschen, Nationen und so weiter und als wären zufällige Unterschiede von ungeheurer Wichtigkeit. Zufällige Unterschiede zu betonen, läuft auf nichts weiter hinaus, als über alte Geschichten zu streiten. Stattdessen müssen alle sich aufs Neue und immer im gegenwärtigen Augenblick auf die Wahrheit ausrichten und in der Wahrheit und als die Wahrheit leben.